Unser Nachbericht zum Bienwald-Marathon

Der Frühjahrsklassiker, ohne Maske

Es gibt untrügliche Zeichen, dass es Frühling ist. Die Vögel zwitschern, Schneeglöckchen blühen und in den Einfahrtsstraßen zur Bienwaldstadt laden Transparente zur „Kandel Mobil“. Damit wird allerdings nicht auf ein Sportevent hingewiesen, sondern auf die Leistungsschau der lokalen Autohändler. Wesentlich klimafreundlicher sind dagegen die Akteure unterwegs, die sich am zweiten Wochenende im März an der Bienwaldhalle zum Bienwald-Marathon powered by Bitburger 0,0% zu treffen. Während ambitionierten Läufern die Teilnahme am ersten Marathon des Jahres zur Formbestimmung nutzen, genießen viele einfach nur den gemeinsamen Spaß an Bewegung im erwachenden Bienwald. Dieses Mal wieder ohne pandemiebedingte Einschränkungen. Das war deutlich zu sehen an den glücklichen Gesichtern der Läufer in der Startzone, die nicht wie letztes Jahr von Masken bedeckt wurden.

1900 Voranmeldungen zeigten deutlich, dass der Lauf nicht an Attraktivität verloren hat und auf einer treue Fangemeinde bauen kann. Leider schreckte die morgentliche Witterung mit Graupel und leichtem Regen doch einige Teilnehmer ab, sodass nur knapp über 1500 Läufer wirklich den Weg nach Kandel gefunden haben. Sie alle wurden spätestens im Ziel mit Sonnenschein belohnt.

Vom Wetter gänzlich unbeeindruckt zeigte sich eine Gruppe aus Ägypten die auf ihrer Europareise alle Halbmarathons mitnehmen, die in die Planung passen. Für dieses Wochenende fiel die Wahl auf Kandel. Nächster Start wird dann am 19.3 in Rom sein. Europa laufend erleben, auch eine tolle Idee.

Pünktlich um 10 Uhr schickte die Politprominenz Alexander Schweizer (MdL) und Dr. Thomas Gebhart (MdB) mit ihrem synchronen Startschuss die Läuferschar auf die Strecke.

Rennverlauf Halbmarathon

Fast im Alleingang absolvierte Lukas Eisele den Halbmarathon. Er wunderte sich noch, wo die anderen bleiben, meinte er im Ziel. Nur kurze Zeit wurde er noch von einem weiteren Läufer begleitete, aber der war schnell wieder abgefallen. Er ist konnte sein Tempo gleichmäßig durchziehen und lag mit seiner Zielzeit von 1:08:36 h genau in Plan. Obwohl er erst 26 Jahre alt ist, war der Schwabe 10 Jahre Leistungssportler auf der Mittelstrecke und möchte nun sein Training wieder forcieren. Zu dem Start in Kandel kam er durch seine Vereinskollegen (obwohl ohne Verein gestartet), die alle schon in Kandel waren und dort Bestzeiten erzielten. Zweiter im Ziel, mit einer Zeit von 1:10:08 h, war der Brite Alexander Cook von der SSC Hanau-Rodenbach. Seit zwei Jahren in Deutschland promoviert er in Heidelberg zum Doktor der Chemie.

Genauso deutlich wie bei den Männern wurde auch der Halbmarathon bei den Frauen entschieden. Letztes Jahr bei ihrer Premiere in Kandel brach Thea Heim auf Anhieb den Streckenrekord (1:14:23 h) und versprach im Ziel nächsten Jahr wieder zu kommen. Sie hielt Wort und brachte sogar noch die spätere Marathonsiegerin mit. Eine Bestzeit strebte sie nicht an, dafür war die Witterung zu schlecht. Bei nasser Straße fehlt einfach der Grip, ihr Statement im Ziel. Zudem steckte ihr noch der Pariser Halbmarathon letzte Woche in den Knochen, bei dem sie mit auf 1:13:17 h persönliche Bestzeit lief. Dafür, dass sie fast die ganze Zeit allein lief, war die für die LG Telis Finanz Regensburg startende Läuferin mit der Zeit von 1:15:04 h mehr als zufrieden. Nur 8 Sekunden später erreichte die fast gleichaltrige Corrina Coenning (TSV Glems run2gether) das Ziel.

Rennverlauf Marathon

Die Entscheidung auf der Marathondistanz bei den Männern war dieses Jahr an Spannung nicht zu überbieten. Im Vorfeld wurden Lennart Nies vom TV Maikammer, Sieger des letzten Jahrs, und Jonas Lehmann, der Bergspezialist vom TuS 06 Heltenberg als Favoriten gehandelt. Vom Start weg bildeten sie gemeinsam mit Manuel Schräder (Tribärs Sespenroth) ein Trio, das bis Kilometer 26 Bestand hatte. Dann musste Jonas Lehmann dem hohen Anfangstempo Tribut zollen und seine beiden Mitläufer ziehen lassen. Das verbleibende Duo absolvierte die restliche Strecke nebeneinander. So hat man seinen Mitläufer im Blick und keiner kann sich im Windschatten des anderen verstecken. Zur Freude der Zuschauer musste die Entscheidung im Stadion fallen. Auf der Tartanbahn beschleunigten beide sichtbar und lieferten sich bis zum Zielbogen einen Steigerungslauf, den mit nur einem Meter Abstand Manuel Schräder für sich entscheiden konnte. Der eigentlich im Triathlon beheimatete Sieger, hatte niemand auf der Rechnung. Es war sein erster Marathon, den er ohne vorheriges 3.8 km Schwimmen und 180 km Radfahren absolvierte. Mit einer Siegerzeit von 2:24:07 h blieb er eine halbe Stunde unter der Zeit, die er im Rahmen eines Triathlons für diese Distanz braucht.  Eine ganz neue Erfahrung, wie er sagt. Man muss von Anfang an Tempo machen. „Der Kopf war stark aber die Beine waren ziemlich durch“, gibt er im Ziel zu Protokoll. Dem so knapp geschlagenen Lennart Nies, blieb zum Trost der Pfalzmeistertitel, den er erfolgreich verteidigen konnte. Der nach kurzer Zeit entspannt wirkende Zweitplatzierte, meinte er könne wohl nicht so an die Grenzen gehen, wie sein Mitläufer, der im Zielsprint wirklich alles abrufen konnte. Nächstes Jahr muss Kandel wohl auf den sympathischen Frankentaler verzichten. Er plant den Tokio Marathon zu laufen. Einen größeren Kontrast zum Naturmarathon in Kandel kann es wohl nicht geben.

Zweieinhalb Minuten nach dem Duo kam auch Jonas Lehmann ins Ziel und sicherte sich damit die Vize Pfalzmeisterschaft.

Bei den Frauen gab es ein Zieleinlauf mit Symbolcharakter. Mit umgehängter Nationalflagge durchläuft, bei ihrem ersten Marathon überhaupt, die Ukrainerin Mariia Radko (TNT Eiblteam) in 2:46:57 h stolz das Ziel. Sie ist seit einem Jahr in Deutschland und hat mit 26 anderen ukrainischen Athleten in der Trainingsgruppe um Thea Heim ihre Heimat gefunden. Zweite im Ziel war Vorjahressiegerin Margit Klocknert, die noch immer vereinslose Athletin genießt ihre Unabhängigkeit und hat zum dritten Mal die Anreise aus dem Hunsrück auf sich genommen. Als ehemalige Triathletin hat sie sich nun auf das Laufen und Radfahren konzentriert. Für sie, die das Wetter im Hunsrück gewohnt ist, war der leichte Nieselregen zum Start nichts Ungewohntes. Mit ihrer Zeit 2:55:49 h war sie noch drei Minuten schneller als im letzten Jahr bei ihrem Siegeslauf. Dass eine 12 Jahre jüngere Läuferin schneller ist, nimmt sie gelassen.

Als dritte Frau, unter der magischen Dreistundengrenze, erreichte die erstmals für die LG Rülzheim startende Eszter Varga in 2:57:20 h das Ziel. Damit wurde sie ihrer Favoritenrolle bei der Pfalzmeisterschaft gerecht. Bis Kilometer 32 war sie in einer schönen Gruppe, dann verschärfte sie das Tempo und lief ungefährdet der Pfalzmeisterschaft entgegen. Nächstes Ziel ist der Halbmarathon in Heidelberg, zu dem sie genau an ihrem 42. Geburtstag eingeladen wurde. Pia Winkelblech (TSV 1886 Kandel, konnte bei ihrem Heimspiel noch nicht ganz an ihre Grenzen gehen. Mit Luftproblemen kämpfend, asthmatische Spätfolgen einer Corona Erkrankung im Oktober musste sie Tempo rausnehmen. Zwischenzeitlich zweifelte die Ultraläuferin das Ziel zu erreichen. Umso höher anzurechnen ist, dass sie trotz Luftproblemen und schlechterer Witterung ihre persönliche Bestzeit aus dem letzten Jahr mit 3:09:13 h nochmal verbessern konnte. Eine verdiente Vizepfalzmeisterschaft ist der Dank. Jetzt gilt es sich auf das nächste Ziel, der Deutschen Meisterschaft im 100 Km Straßenlauf in Ubstadt-Weiher, zu fokussieren.

Fazit des Veranstalters

Endlich wieder so etwas wie Normalität. Wenn es dieses Jahr auch noch Einschränkungen durch den Stadionumbau gab, war wieder vieles möglich, was die letzten zwei Jahre unmöglich war. Leider ist es bei solchen Veranstaltungen immer so, dass alle Teilnehmer immer zur gleichen Zeit das Gleiche wollen. Erst Parkplatz suchen, dann Startunterlagen und Finishershirt abholen, Toilette aufsuchen, Gepäck abgeben und so weiter. Würde man die Infrastruktur so aufstocken, dass Wartezeiten minimalisiert werden, Wäre es notwendig die Startgebühren erheblich zu erhöhen. Hier gilt es einen Kompromiss zu finden. Vielen Dank an der Stelle für die Geduld, die den Helfern entgegengebracht wurde.

Was wir uns auch auf die Fahnen geschrieben haben ist das Thema „Nachhaltigkeit“. Wir wünschen uns, dass der Tag bei uns nachhaltig in guter Erinnerung bleibt. Gleichzeitig versuchen wir Nachhaltigkeit zu leben und Müll zu vermeiden. Wir werden in Zukunft bewusst auf Flyer in Papierform verzichten und haben uns  gegen Pokale für die Sieger entschieden, da diese nach unserer Erfahrung einsam auf Regalbrettern vor sich hin stauben. Wir hoffen die Weinpräsente sind ein adäquater Ersatz dafür.

Wir sehen uns hoffentlich im nächsten Jahr am 10.3.2024 zur 49. Auflage des Bienwald-Marathons powered by Bitburger 0,0%.